Bereits in der ersten Sitzung des neuen Marktgemeinderates war der Ruf des neuen Bürgermeisters nach kleineren Ausschüssen zu vernehmen. Er würde sogar gerne selbst die Entscheidungen treffen und nur noch zeitnah informieren wollen.
Warum ist uns das als ZMS so wichtig:
Will man den Gemeinderat auf lange Sicht verkleinern (25 –> 10), darf nicht nur die Vorgehensweise, immer möglichst alles schnell auf die Reihe zu bekommen, im Vordergrund stehen. Vielmehr müssen Strukturen, Regeln, Gesetze, Vorschriften und am Ende vor allem der Bürgerwille und die Vernunft die Grundlage dafür sein.
Wie sich eine Reduzierung der Gemeinderäte auf die Stimmwertigkeit auswirkt, veranschaulichen die unten angefügten Grafiken. Mit dem Wahlergebnis und somit dem Wählerwillen hat dies überhaupt nichts mehr zu tun. Ist dies damit eigentlich eine zulässige Dauerlösung?
Die Gemeinde kennt die Situation, wenn der 1. BGM ausfällt und man auf die Vertretung angewiesen ist. Wenn man durch eine Reduzierung Personen gesundheitlich schützen möchte, sollten gleichzeitzeitig auch die Würden- und Ämterträger geschützt werden – das heißt, in jedem Ausschuss sollte nur noch einer der drei Bürgermeister/innen anwesend sein. Kurz gesagt, gehört man dem Gremium nicht an, sollte man zum Schutz aller nicht im Zuschauerbereich sitzen und dort zusätzlich Aerosole ein- bzw. ausatmen! Macht es Sinn, gerade Personen aus den sogenannten gefährdeten Gruppen obendrein mit Sonderaufgaben zu betreuen? Ist es überhaupt noch zielführend, wenn alle Ausschüsse, Beirat und Vorsitzende immer von denselben Personen besetzt werden? Markt Schwaben hat insgesamt 25 Vertreter demokratisch gewählt, nicht nur 15 oder 9 mit einem Bürgermeister-Überhangs-Vorsitz (vgl. Grafik).
Links, der Bürgerwille und die Stimmverteilung zum März 2020 – Rechts, der Bürgermeisterwille und die Stimmverteilung im Dezember 2020 (exemplarisch: 9+1 :: CSU, SPD, ZMS: je -2% Bürgermeister: +6%)
In der “Verteilung der Stimmwertigkeit pro Person” sieht man deutlich, dass es eine unverhältnismäßige Verschiebung der Stimmanteile im GR gibt. Will man seine eigene Agenda möglichst rasch und mit wenig Gegenrede verabschieden, ist es dienlich, seine persönliche Stimmenzahl „absichtlich“ zu ver-3-fachen? (Bsp. BGM Stolze) und etwaige Gegenredner anteilsmäßig klein zu halten.
Am bizarrsten wird es mit der aktuell bestimmten 9+1 (3 CSU/FDP, 2 FW, 2 Grüne, 1 SPD, 1 ZMS und 1 BGM) Sitzverteilung am Beispiel der CSU. Der stattliche 30% Wahlerfolg der CSU wurde in diesem Ausschuss um 10% zu Gunsten der FDP verringert (von 3 Stimmanteilen der CSU geht eine an die FDP). Chapeau – ein wirklich tolles Zeichen einer neuen Inner-Fraktions-Solidarität. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass ein 2,5% Wahlerfolg der FDP dem ~12% Erfolg der SPD und/oder der ZMS gleichgesetzt wird. Nachdem sich also die CSU auf das Niveau der FW bzw. der Grünen begibt, könnte sich so mancher Wähler fragen: Wurde mein Vertrauen hier großzügig verzockt? War es mein Kreuz bei der CSU, welches gerade an die FDP abgegeben wird? Zumindest für 1/3 der CSU-Wähler trifft dies bei diesem Sonder-Corona-Ausschuss zu.
In der “Verteilung der Stimmwertigkeit pro Person” sieht man deutlich, dass es eine unverhältnismäßige Verschiebung der Stimmanteile im GR gibt. Will man seine eigene Agenda möglichst rasch und mit wenig Gegenrede verabschieden, ist es dienlich seine persönliche Stimmenzahl zu ver-3-fachen (Bsp. BGM Stolze) und etwaige Gegenredner anteilsmäßig klein zu halten.
Denn eine Vielzahl an Meinungen mittels freier Diskussionskultur ist die Basis der Demokratie und dient in der Regel einer gemeinsamen, optimalen Entscheidungsfindung. Ein demokratisch gewähltes Gremium – wie der Gemeinderat – in seiner Zusammensetzung derart relevant zu verändern, kommt nur als Ultima Ratio in Betracht. Es bedarf erneut einer offenen Diskussion, in der Argumente gegenübergestellt und objektiv gewichtet werden und man allen Optionen gegenüber offen ist. Wenn alle Alternativen, wie beispielsweise räumliche Ausweichmöglichkeiten nicht mal erwogen werden, will man offensichtlich gar nicht anders, als den Gemeinderat zu beschneiden.
Über Vorteile einer solchen Beschlussvorlage der Markt Schwabener Verwaltung kann man nur spekulieren. Zumal das Beispiel “Stadtrat München”, welches während der Abstimmung als ach-so positiv dargestellt wurde, in seiner reduzierten Zusammensetzung nur einmalig stattgefunden hat und zahlenmäßig nach wie vor ein Vielfaches des originären Gemeinderates aus Markt Schwaben ist.
Noch ungeklärt ist, ob Beschlüsse auf Basis einer derart veränderten Stimmverteilung rechtlich Bestand hätten. Übrigens: Bei den Ausschüssen wie dem HBA (Haupt-und-Bauausschuss), UVSK (Umwelt, Verkehr, Soziale, Kultur) kann jedes Gemeinderat-Mitglied bei der Genehmigung der Niederschrift Widerspruch einlegen. Es ist also eine fachlich ausgerichtete Arbeitsteilung, keineswegs ein bloße Stimmenumverteilung zu Gunsten schnellerer und einfacherer Entscheidungen.
Demokratie nach Markt Schwabener Art:
bloß nix fragen, nur schnell zustimmen ist erwünscht.
Einen Antrag zur Wiederherstellung der Stimmenverteilung inkl. Alternativen – mit dem jetzt absolut notwendigen Augenmerk auf die Gesundheit aller – werden wir umgehend einreichen.